Stéphane Mallarmé (1842-1898)***Stefan George (1868-1933)

„Cher maître”, „Lieber Meister”. So lautet die Anrede in Georges Briefen an Mallarmé. In der Tat galt Mallarmé, als ihn George 1889 21-jährig in Paris kennenlernte, als „Meister”, der in exklusiven Dienstagstreffen Dichter zur gemeinsamen Diskussion empfing. Nur per Einladung war die Teilnahme an diesen Treffen in der „rue de Rome” möglich und George erhielt eine solche, vermittelt durch den jungen französischen Dichter Albert Saint-Paul. Georges „Eintrittskarte” war dabei nicht zuletzt seine Übersetzung von Baudelaires „Fleurs du mal”, dem 1857 erschienenen Gedichtband, der nicht nur auf George und Mallarmé, sondern auf die gesamte moderne Lyrik einen kaum zu überschätzenden Einfluss ausüben sollte. Auch einige Werke Mallarmés wurden von George übersetzt, doch mindestens so stark wie die Lyrik wirkte die Künstlerpersönlichkeit Mallarmés auf den jungen George. „Und für sein denkbild blutend: MALLARMÉ.” Diese Zeile aus Georges Gedicht „Franken” verweist auf den hohen intellektuellen Anspruch, den Mallarmé an seine Kunst stellte und der ihm den Respekt seiner Dichterkollegen einbrachte: „Deshalb o Dichter nennen dich genossen und jünger so gerne meister weil du am wenigsten nachgeahmt werden kannst und doch so grosses über sie vermochtest, weil alle in sinn und wolklang nach der höchsten vollendung streben damit sie vor deinem auge bestehen, weil du für sie immer noch ein geheimnis bewahrst und uns den glauben lässest an jenes schöne eden das allein ewig ist.” Dieses in den „Blättern für die Kunst” nachzulesende Lob Mallarmés zeigt Georges Hochachtung für den französischen Dichter, der selbst kaum in der Lage war, Georges Lyrik zu beurteilen. Mallarmé, der lange als Englischlehrer arbeitete, fehlten die nötigen Deutschkenntnisse.