Georges-Arthur Goldschmidt***Peter Handke

Der 1928 in Hamburg geborene und vor den Nazis nach Frankreich geflohene Georges-Arthur Goldschmidt hat aus seiner zweiten Heimat und der Sprache seiner Retter, dem Französischen, zu seiner Muttersprache zurückgefunden und ist zu einem wichtigen Vermittler zwischen der deutschen und der französischen Literatur geworden. Sein eigenes Werk hat er in beiden Sprachen verfasst und sich selbst vom Französischen ins Deutsche übersetzt. In seinen autobiographischen Schriften verarbeitet er die Erfahrung der Lebensgefahr, der er auf der Flucht aus Deutschland und in der Zeit der deutschen Besatzung Frankreichs ausgesetzt war. Er hat in Frankreich lange als Deutschlehrer gearbeitet und u.a. Walter Benjamin, Kafka, Büchner, Stifter, Goethe und Nietzsche ins Französische übersetzt. Vor allem hat er sich als Übersetzer von Peter Handke verdient gemacht, mit dem er seit Jahrzehnten befreundet ist und der seinerseits Goldschmidts französische Werke ins Deutsche übersetzt hat. Schon 1988 hat Goldschmidt in der renommierten Reihe Les Contemporains im Pariser Verlag Seuil eine Einführung in Peter Handkes Werk vorgelegt (vgl. die elektronische Fassung von Goldschmidts Buch).

Goldschmidt, der in seinen Essays Als Freud das Meer sah (1999) und Freud wartet auf das Wort (2006) über die deutsche Sprache aus psychoanalytischer Perspektive geschrieben hat, sagt über Handkes Schreiben, dass es darauf abziele, dass der Schreibende einen derartigen Grad von Intimität erreicht, dass er in den übergeht, der ihn liest („Toute la méthode de Peter Handke est précisément là : parvenir, à force de concentration, à ce point d'€™intimité où celui qui écrit bascule en celui qui le lit”). Damit ließe sich vermutlich auch Goldschmidts eigenes Verständnis vom Schreiben umreißen, und damit ist auch ein wichtiges Element für das Verständnis des Verhältnisses zwischen den beiden befreundeten Autoren, die sich gegenseitig übersetzen, benannt. Man kann deshalb für das Verhältnis Goldschmidt-Handke sicher von einem wechselseitigen Funkenschlag sprechen. Zu den gemeinsamen Inspirationen gehören die Bilder Cézannes und die südfranzösischen Landschaften, die Cézanne darstellt, wie Goldschmidts Übersetzung von Handkes Lehre der Sainte- Victoire zeigt.