Romain Rolland (1866-1944)***Stefan Zweig (1881-1942)

„der Briefwechsel zwischen Romain Rolland zeigt sich, wie wohl noch kein Briefwechsel in einem Weltkrieg, vor allem, was die gemeinsame Dringlichkeit angeht, eines Sinnes, wenngleich - und das sorgt für den heute noch nach- wie auch vorleuchtenden Funkenflug fast all dieser Briefsätze der zwei - ganz und gar nicht einer einzigen, einheitlichen, einander angeglichenen Stimme.” So kommentiert Peter Handke in einem Begleitwort den Briefwechsel zwischen Stefan Zweig und Romain Rolland während des Ersten Weltkrieges (vgl. Romain Rolland / Stefan Zweig: Von Welt zu Welt. Briefe einer Freundschaft. 1914-1918. Berlin: Aufbau 2014, S. VIII). Es schreiben sich in diesem Briefwechsel nicht nur zwei international bekannte Autoren (Romain Rolland erhielt 1915 den Literaturnobelpreis, Stefan Zweig gehört zu den meist übersetzten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts), sondern auch zwei Pazifisten und vor allem zwei Freunde. Mit großem Enthusiasmus und großer Treue machte es sich der jüngere Zweig zur Aufgabe, Werk und Person Rollands einem deutschsprachigen Publikum näherzubringen, u.a. durch eine viel übersetzte Biographie zu Rolland. Dessen Romanzyklus Jean-Christophe (erschienen 1904-1912), in dessen Mittelpunkt ein in Frankreich lebender deutscher Komponist steht, bezeichnete Zweig 1912 in einem im Berliner Tageblatt gedruckten Brief als „ethisches Ereignis”: „Sie haben Frankreich und Deutschland einander gegenübergestellt, aber nicht feindlich mehr, sondern in einer so hohen Sphäre der Gerechtigkeit, wo es nur Vergleich mehr gibt und nicht mehr Kampf.” Einer größeren Öffentlichkeit wurden Rollands Bemühungen um eine deutsch-französische Verständigung durch die während des Krieges im Journal de Genève erschienene Artikelserie „Au dessus de la mêlée” („Über dem Getümmel”) bekannt, die ihm in Frankreich heftige Kritik einbrachte. In Stefan Zweig fand er, bei allen Differenzen, einen Gleichgesinnten für die transnationale Sache, die in der Kriegszeit, aber auch danach eine Minderheitenposition blieb. In seiner Autobiographie Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers schildert Zweig auf mitunter bewegende Art und Weise seine Bekanntschaft mit Rolland, dem, so Zweig in einer Kapitelüberschrift aus seiner Rolland-Biographie, „Gewissen Europas”.